Trotz zu wenig Kandidatinnen und zu wenig Aussagen zu Frauenpolitik in Wahlprogrammen …
Frauen geht wählen! – ruft der Landesfrauenrat (LFR) die Wählerinnen in Baden-Württemberg zur Bundestagswahl auf. Der Dachverband von 52 Frauenorganisationen im Land fordert die Wählerinnen und Wähler auf, wo eben möglich, Kandidatinnen die Stimme zu geben. „Auch wenn alle größeren Parteien sich weder durch einen hinreichend hohen Frauenanteil bei den Kandidierenden noch durch frauenspezifische Wahlprogramme hervortun, ein Verzicht auf die Wahrnehmung des Stimmrechts wäre ein falsches und fatales Signal“, warnt die Vorsitzende des LFR, Angelika Klingel.
Frauen sollten in jedem Wahlkreis Frauen wählen können – und Frauen brauchen Parteien, die Frauen und Gleichstellungspolitik voranbringen wollen und können!
Dies ist gerade bei dieser Bundestagswahl besonders schwierig, räumt Klingel ein. Aufgrund des deutlich zu geringen Kandidatinnenanteils auf vielen Landeslisten und vor allem bei den Direktkandidaturen können nicht in allen Wahlkreisen die Stimmen Frauen gegeben werden. Zudem war der Wahlkampf durch das Fehlen klarer frauen- und gleichstellungspolitischer Aussagen im Wahlkampf gekennzeichnet, kritisiert der LFR.
Die jüngst veröffentlichten Ergebnisse des Deutschlandreport der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF)/Berlin kommentiert der Landesfrauenrat wie folgt:
Die schlechtesten Chancen als Wahlkreiskandidatin aufgestellt zu werden haben Frauen wieder einmal in Baden-Württemberg. Unter den DirektkandidatInnen zum Deutschen Bundestag befinden sich in Baden-Württemberg gerade einmal 26,3% Frauen – damit stellt Baden-Württemberg wieder einmal das Schlusslicht im Vergleich der Bundesländer. Beim Frauenanteil auf den Listenplätzen aller Parteien nimmt das Land mit durchschnittlich 39,3% Frauenanteil einen mittleren Platz ein mit erheblichen Abweichungen zwischen den Parteien.
Die Einschätzung des LFR:
– Entscheidend zu wenig Direktkandidatinnen
– Insgesamt zu wenig Kandidatinnen auf aussichtsreichen Plätzen
Ihre interne Quote von 40 % verfehlt die Landes-SPD mit 35 % Frauenanteil auf ihrer Landesliste; bei den Direktkandidaturen liegt der Anteil mit 36,8 % ebenfalls knapp unter der parteiinternen Ziellinie.
Zwar hat die CDU auf ihrer Landesliste ihr parteiinternes Quorum (33 %) mit 46,3 % Frauen auf der Landesliste allemal erfüllt. Da sie ihre Bundestagssitze traditionell jedoch eher über Direktmandate erhält, und unter diesen gerade einmal 7,9 % Frauen sind, dürfte kaum die Chance bestehen, dass die Gruppe der CDU-Bundestagsabgeordneten durch einen bemerkenswerten Frauenanteil auffallen wird.
Bei den Grünen wird ebenso wie bei der Partei Die Linke die parteiinterne Quote von jeweils 50% auf den Landeslisten erfüllt. Bei den Direktkandidaturen bleiben die Grünen mit 42,1 Prozent hinter ihrer Zielvorgabe zurück. Die Linke bringt es gerade mal auf 23,7 % Frauenanteil bei den Direktkandidaturen.
Die FDP, unter den im Bundestag vertretenen Parteien die einzige ohne parteiinterne Quote, erweist sich auch beim Blick auf die Kandidaturen von Frauen als Männerpartei: nur jeder fünfte Platz auf der Landesliste bzw. bei den Direktkandidaturen entfällt auf eine Frau.
Gerade wegen des geringen zu erwartenden Frauenanteils im Deutschen Bundestag wird es auf die gleichstellungspolitische Qualität aller Entscheidungen ankommen; diese zu gewährleisten ist Aufgabe jedes gewählten Abgeordneten, auch der Männer. Gender Mainstreaming ist in allen Politikfeldern und Haushaltsbereichen umzusetzen, in der Sozialpolitik und Gesundheitspolitik ebenso wie in der Mobilitäts- und Energiepolitik.
Der Landesfrauenrat wird nach der Wahl des Gespräch mit den Abgeordneten aus Baden-Württemberg suchen und gleichstellungspolitisch bedeutsame Initiativen einfordern, kündigt Klingel an. Dazu gehört die Forderung nach einer Grundgesetzänderung um verpflichtende Quoten für Kandidaturlisten in Wahlgesetzen zu ermöglichen. Dies fordert der LFR seit langem bereits für das Kommunalwahlgesetz Baden-Württemberg, ebenso für das Landtagswahlrecht.