Die EU-Kommission in ihrem Bericht zur Gleichstellung von Frauen und Männern 2010:
„ohne Gleichstellung rücken Ziele wie nachhaltiges Wachstum, Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und sozialer Zusammenhalt in weite Ferne. Investitionen in Gleichstellungsmaßnahmen lohnen sich, denn sie sorgen für eine Steigerung der Beschäftigungsquote von Frauen, erhöhen ihren Beitrag zum BIP (Bruttoinlandsprodukt) und zum Steueraufkommen und gewährleisten nachhaltige Geburtenraten.) Da sich die Gleichstellung von Frauen und Männern als Schlüssel zur dauerhaften Lösung alter wie neuer Probleme erwiesen hat, ist es wichtig, dass das Thema Gleichstellung ein Kernelement der EU-Strategie für 2020 bleibt. Gleichstellungsmaßnahmen sollten deshalb nicht als kurzfristiger Kostenfaktor, sondern als langfristige Investition betrachtet werden.“
Beschlüsse der Europäischen Union oder europaweit agierender Zusammenschlüsse haben sich mehrfach als wegweisend und ermutigend für Gleichstellungspolitik hierzulande erwiesen. Der LFR orientiert sich bei vielen seiner Forderungen an europäischen Leitlinien und Grundsätzen – wie setzen auf eine europäische Zukunft! Zukunftstaugliche Strategien müssen europäische Standards bzw. Zielvereinbarungen in den Blick nehmen.
Dazu gehört das Prinzip des Gender Mainstreaming als aktives Gestaltungsprinzip für demokratische Geschlechterverhältnisse in Europa. Die EU hat Gender Mainstreaming als durchgängiges Leitprinzip in den Mitgliedsstaaten mit dem Amsterdamer Vertrag – erstmals kraft Gesetz – 1997 verpflichtend gemacht.
„Hierbei geht es darum, die Bemühungen um das Vorantreiben der Chancengleichheit nicht auf die Durchführung von Sondermaßnahmen für Frauen zu beschränken, sondern zur Verwirklichung der Gleichberechtigung ausdrücklich sämtliche allgemeinen politischen Konzepte und Maßnahmen einzuspannen, indem nämlich die etwaigen Auswirkungen auf die Situation der Frauen bzw. der Männer bereits in der Konzeptionsphase aktiv und erkennbar integriert werden („gender perspective“). ….
Förderung der Gleichstellung ist nämlich nicht einfach der Versuch, statistische Parität zu erreichen: Da es darum geht, eine dauerhafte Weiterentwicklung der Elternrollen, der Familienstrukturen, der institutionellen Praxis, der Formen der Arbeitsorganisation und der Zeiteinteilung usw. zu fördern, betrifft die Chancengleichheit nicht allein die Frauen, die Entfaltung ihrer Persönlichkeit und ihre Selbständigkeit, sondern auch die Männer und die Gesellschaft insgesamt, für die sie ein Fortschrittsfaktor und ein Unterpfand für Demokratie und Pluralismus sein kann.“ (Auszug aus der Kommissionsmitteilung zur „Einbindung der Chancengleichheit in sämtliche politische Konzepte und Maßnahmen der Gemeinschaft“ (COM (96)67 end.)
Die Landesregierung Baden-Württemberg hat am 9. Juli 2002 beschlossen, das Prinzip des Gender Mainstreaming in der Landesverwaltung umzusetzen.
Weitere Grundsätze und Leitlinien, die unsere Arbeit hierzulande befördern sind z.B.:
– die Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf kommunaler und regionaler Ebene (2006 erarbeitet vom Rat der Gemeinden und Regionen Europas und seiner Partner)
– die Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels (2005).
Vertreterinnen des LFR arbeiten mit in den Begleitausschüssen zu den EU-Förderprogrammen in Baden-Württemberg.
2014:
Die Impulse aus Europa beim ersten frauenpolitischen Neujahrsempfang am 25. Januar 2014 im Neuen Schloß in Stuttgart übermittelte die ungarische Europaabgeordnete Zita Gurmai per Videobotschaft. Zur „50/50-Kampagne“ erläuterte sie darin, die Abgeordneten, die diese Kampagne aktiv unterstützen
„sind willens sich stark für ernsthaft mehr Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen.Wir glauben zutiefst, dass eine modernere und ernsthafte Demokratie Geschlechterdemokratie braucht: gleiche Repräsentanz von Frauen und Männern bei Entscheidungs-prozessen, die ihre Leben betreffen. Wir sind überzeugt, dass es höchste Zeit ist, für konkrete Maßnahmen angesichts der nahenden Europawahl 2014. Wir glauben, dass Geschlechtergerechtigkeit eine Modernisierung aller politischer Systeme mit sich bringt, so dass Männer und Frauen in ihrer Vielfalt gleichberechtigt Rechte, Verantwortung und Macht teilen. Geschlechtergerechtigkeit sollte das Herz der europäischen Initiative sein, um Bürger und Bürgerinnen in Entscheidungsprozessen zu ermutigen, um die Legitimation der Europäischen Union zu erhöhen und um politische Entscheidungen treffen zu können, die die Bedürfnisse und Hoffnungen aller Bürger und Bürgerinnen widerspiegeln. Die Grundpfeiler von Gender Mainstreaming sind ebenfalls äußerst wichtig. Zu oft wurde über den Geschlechteraspekt in gewichtigen politischen Entscheidungen hinweg gesehen. Wir versuchen dies über ein Gender-Mainstreaming-Netzwerk im EU-Parlament zu ändern. Aber wir brauchen allgemein schon immer von Beginn an ein besseres und effizienteres Gender Mainstreaming. Aber das Empowerment von Frauen dreht sich nicht nur um die Repräsentanz von Frauen in der Politik, sondern die EU ist derzeit in Verhandlung über Frauenquoten in Aufsichtsräten – (…) Nicht, dass die Quote die Antwort auf alles wäre, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Gleichberechtigung – insbesondere die Geschlechtergerechtigkeit – als freiwillige Verpflichtung gescheitert ist. Immer und immer wieder.Und das ist nur eine Angelegenheit von Fairness und Demokratie, sondern auch von ökonomischer Stabilität und Effizienz. (…)“ (Auszug aus der deutschen Übersetzung der Videobotschaft an den LFR von Januar 2014)