Frauen erhielten für ihre Arbeit auch im Jahr 2014 durchschnittlich rund 22 Prozent weniger Lohn als Männer. Auf diese Ungerechtigkeit soll der achte Equal Pay Day aufmerksam machen. Er fällt in diesem Jahr auf den 20. März. Der geschlechtsspezifische Entgeltunterschied fällt in Baden-Württemberg sogar noch größer aus. Das Statistische Landesamt ermittelte für Baden-Württemberg einen durchschnittlichen Unterschied zwischen den Bruttostundengehältern der Teilzeit- und Vollzeiterwerbstätigen Frauen und Männer von rund 27 % (2012), zu Ungunsten der Frauen. Der Equal Pay Day würde in Baden-Württemberg demnach ungefähr auf den 8. April fallen, da sich die Zahlen für 2014 nicht wesentlich geändert haben. „Es ist unredlich, diese Realität kleinrechnen zu wollen.“, erklärt Manuela Rukavina, Vorsitzende des Landesfrauenrats. „Ein Entgeltgleichheitsgesetz, wie von Ministerin Schwesig geplant, ist ein wichtiger Schritt diese Ungerechtigkeit zu beseitigen“, erklärt Manuela Rukavina, Vorsitzende des Landesfrauenrats.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – von wegen!
Der Vergleich der durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste nach ausgewählten Berufen beendet den Mythos, dass das Ziel gleicher Lohn für gleiche Arbeit bereits erreicht wäre. In allen Berufen sind die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste der Männer höher als bei Frauen. Ob bei Floristinnen und Floristen, bei Ingenieuren und Ingenieurinnen des Maschinen- und Fahrzeugbaus, bei Raumreinigungskräften oder bei Bürofachkräften, gleiche oder gleichwertige Arbeit wird ungleich bezahlt. „Es bleibt eine erhebliche Verdienstlücke – von der Entgeltgleichheit sind wir weit entfernt!“, kommentiert Vorsitzende Manuela Rukavina. Der Landesfrauenrat fordert daher ein Entgeltgleichheitsgesetz, welches Unternehmen verpflichtet ihr Entgeltpraxis transparent und geschlechtergerecht zu gestalten und Regelungen enthält, um die Entgeltgleichheit verbindlich umzusetzen.
Die Realität – Frauen bekommen signifikant weniger Lohn als Männer
Die vierteljährlich veröffentlichte Verdienstentwicklung und Arbeitszeiten nach Geschlecht und Leistungsgruppe des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg zeigt für das 4. Quartal 2014 diese skandalöse Ungerechtigkeit im Detail auf. Die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste im produzierenden Gewerbe und bei den Dienstleistungen lagen für vollzeiterwerbstätige Männer bei 4 787 Euro Brutto, für vollzeiterwerbstätige Frauen bei 3 704 Euro. Frauen erhielten also nur 74,4 % des durchschnittlichen Männergehaltes.
Im produzierenden Gewerbe liegen die Gehälter höher (Männer 5 080 Euro, Frauen 3 871 Euro – also 76,2 % des Männergehaltes) als im Dienstleistungsgewerbe (Männer 4 469 Euro, Frauen 3 640 Euro). Auch in der höchsten Leistungsgruppe – in der Regel Personen mit Hochschul-abschluss, Führungskräfte, Abteilungsleitende u.ä. – des produzierenden Gewerbes bleibt eine Entgeltlücke bestehen. Frauen erhielten 86,7 % des durchschnittlichen Männergehaltes.
Dazu kommt: Die Bruttostundenverdienste in Branchen, wo viele Frauen arbeiten, sind tendenziell niedriger als in Branchen, wo viele Männer arbeiten. Der Landesfrauenrat fordert seit Jahren die Aufwertung von Sozial- und Erziehungsberufen. Die Anerkennung dieser gesellschaftlich wichtigen Tätigkeiten muss sich endlich auch in der Entlohnung niederschlagen. Eine Neu- und Höherbewertung von Arbeit und Verantwortung für Menschen lautet daher die Forderung des Landesfrauenrats an die Tarifpartner und an die öffentlichen und privaten ArbeitgeberInnen im Gesundheits- und Sozialbereich.
Allen Faktoren, die einen positiven Einfluss auf die Verdiensthöhe haben können, ist eines gemein: Frauen profitieren von ihnen weniger als Männer!
Die Analyse der Zahlen, zum Beispiel nach Betriebszugehörigkeit, zeigen ein klares Bild:
Die Entgeltlücke schließt sich auch durch eine lange Betriebszugehörigkeit nicht. Eine vollzeit-beschäftigte Arbeitnehmerin, die wie ihr männlicher Kollege eine sehr lange Betriebszugehörig-keit aufweist, hat ein geringeres Bruttomonatseinkommen als dieser. Vollzeit-beschäftigten Arbeitnehmerinnen, die länger als 31 Jahre Betriebszugehörigkeit aufwiesen, verdienten durchschnittlich nur 79 % dessen, was ein männlicher Arbeitsnehmer bei gleicher Betriebszuge-hörigkeitsdauer erhielt. Frauen mit einer Betriebszugehörigkeit von 6 bis 10 Jahren erhielten jede durchschnittlich 2 831 Euro, ihre Kollegen hingegen jeweils 3 729 Euro, demnach nur 76 % des Männerentgeltes. Bei den Frauen, bei denen eine kurze Betriebszugehörigkeit von 1 bis 2 Jahren registriert wurde, betrug die Differenz zum Männergehalt 23,5 %.
Ungleichheit an der Wurzel packen
Die Entgeltlücke resultiert auch aus gesellschaftlichen Zuschreibungen und Bewertungen, aus tradierten Rollenvorstellungen zu Arbeitsteilungen in Familien, die durch die vorherrschende Arbeitskultur in Betrieben und durch das System der Ehegattenbesteuerung verfestigt werden. Die Landesvorsitzende Manuela Rukavina plädiert: „Wir müssen die Ungleichheit an der Wurzel packen!“
„Mehr Frauen und Männern müssen sich dringend zu einer partnerschaftlichen Verteilung von Sorgearbeiten und der Verantwortung für den Familienunterhalt bekennen. Und der Staat, die Tarifpartner und die Wirtschaft müssen endlich die Rahmenbedingungen für wirklich freie und partnerschaftliche Entscheidungen schaffen. Es reicht nicht zu sagen, dass Frauen theoretisch frei wählen können, welchen Lebensweg sie einschlagen wollen. Sie verhandeln mit ihren Partnern und treffen Entscheidungen, zum Beispiel vor dem Hintergrund der Entgeltungleichheit und dem Ehegattensplitting. Wahlfreiheiten und partnerschaftliche Verhandlungen, deren Grundlage Ungleichheit ist, können keine geschlechtergerechten Ergebnisse hervorbringen!“,so Rukavina weiter.
Deshalb fordert der Landesfrauenrat neben dem Entgeltgleichheitsgesetz auch dringend eine Reform der Ehegattenbesteuerung. Das Ehegattensplitting trägt dazu bei sozialversicherungs-pflichtige Beschäftigung – zumeist für Frauen – unattraktiv zu machen. Der Landesfrauenrat erneuert deshalb seine Forderung, das Ehegattensplitting abzuschaffen und eine Individual-besteuerung einzuführen.
Die Gesellschaft könne nicht per se davon ausgehen, dass Frauen – wie selbstverständlich – den familiären Sorgetätigkeiten nachkommen – und damit ihren männlichen Partnern die unein-geschränkte Verfügbarkeit im Beruf ermöglichen. „Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe eine familien- und menschengerechte Unternehmens- und Arbeitskultur zu befördern. Dem Staat kommt nach dem Grundgesetz der Auftrag zu, auf die Beseitigung bestehender Benachteiligungen hinzuwirken. Dieser Pflicht muss er endlich nachkommen!“, so Rukavina abschließend.