Landesfrauenrat Baden-Württemberg: Neu- und Höherbewertung der Arbeit mit und Verantwortung für Menschen ist überfällig
Der Landesfrauenrat Baden-Württemberg (LFR) begrüßt den Arbeitskampf der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst für eine bessere Eingruppierung. Bildung und Betreuung von Kindern verlangen qualifizierte Arbeit, die auch entsprechend bezahlt werden muss.
Der Dachverband der Frauenorganisationen des Landes verweist in seiner Solidaritätserklärung auf weiter reichende Aspekte dieser Tarifauseinandersetzung.
Es geht dabei um mehr als höhere Gehälter:
– Es geht um die überfällige Neu- und Höherbewertung der Arbeit mit und der Verantwortung für Menschen.
– Es geht auch um die Überwindung letztlich geschlechtsspezifischer Geringschätzung von Berufsfeldern, in denen überwiegend Frauen tätig sind.
– Es geht um die Umsetzung des Kinderrechts auf Bildung von Anfang an für alle Kinder und damit um eine nachhaltige Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft.
„An der Qualität sozialer Dienstleistungen in unserer Gesellschaft – und an der auch geldwerten Wertschätzung der Sozial- und Erziehungsberufe – lässt sich ablesen, welchen Wert wir der Arbeit mit Menschen beimessen“, erklärt Manuela Rukavina, Erste Vorsitzende des LFR. Bisher werde Verantwortung für Menschen in der Regel geringer honoriert als Verantwortung für Technik. „Darin drückt sich eine eklatante Schieflage in der gesellschaftlichen Bewertung von Arbeit aus“, erklärt Rukavina. Die Neu- bzw. Höherbewertung der Arbeit mit Menschen sei überfällig, mahnt der LFR an die Adresse der Arbeitgeberseite – Staat, Kommunen, Wohlfahrtsverbände und Kirchen. Aber auch an die Bevölkerung: Betreuungs- und Bildungsqualität für alle Kinder erfordere Prioritätensetzungen in den öffentlichen Haushalten, dafür müsse mehr Geld in die Hand genommen werden.
Qualifizierte Frühpädagogik für Kinderrecht auf Bildung von Anfang an
Der LFR erinnert die Träger der Kindestageseinrichtungen an wesentliche Erkenntnisse im Orientierungsplan des Landes für frühkindliche Bildung:
Die frühen Kinderjahre gehören zu den lernintensivsten Zeiten des Lebens. Nie wieder lernt der Mensch so viel und so schnell. Hier werden die Grundlagen für späteres erfolgreiches Lernen und die Entwicklung der Kinder gelegt. Und wörtlich: „Bildungsinstitutionen müssen sich daran messen lassen, inwieweit sie dazu beitragen, diese Rechte der Kinder einzulösen und inwieweit sie das Wohl des Kindes vorrangig vor anderen Interessen berücksichtigen.“
Weil den Pädagoginnen und Pädagogen bei der alltäglichen Umsetzung kindgerechter Betreuung und Bildung die herausragende Rolle zukommt, müssen deren Qualifikationen und Gehälter auch in Deutschland auf dem Niveau von GrundschulpädagogInnen angesiedelt werden, so Rukavina weiter.
Berufe im Bereich der Frühpädagogik müssen für Frauen und Männer „Erste Wahl“ werden
Berufe im Bereich der Frühpädagogik werden noch immer überwiegend von Frauen ergriffen. Weil viele der geforderten Eigenschaften und Fähigkeiten als weiblich eingestuft werden, werden sie geringer geschätzt und ihnen auch ein geringerer (Geld)-Wert beigemessen. Dies wiederum hält manchen pädagogisch interessierten männlichen Bewerber davon ab, in der Frühpädagogik sein berufliches Feld zu suchen.
Mit einer höheren Eingruppierung der Sozial- und Erziehungsberufe würden wir mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen, erwartet Rukavina: Die mehrheitlich weiblichen Beschäftigten im Sozial und Erziehungsdienst erhalten eine ihrer Leistung angemessene Bezahlung; junge Männer und junge Frauen entscheiden sich eher für den ErzieherInnenberuf, wenn er ihnen ein Auskommen mit dem Einkommen verspricht; und Kinder finden endlich auch mehr männliche Bezugspersonen in den Kitas.
Dieser Arbeitskampf berührt also gleich mehrere gleichstellungspolitische Anliegen des Landesfrauenrates. Deshalb wünscht der Landesfrauenrat allen, die sich für die Aufwertung des Berufes einsetzen, Erfolg in ihrem Kampf.