Der am 13. März 2016 gewählte baden-württembergische Landtag hat mit nunmehr 24,5 % weiter den niedrigsten Frauenanteil aller Landtage bundesweit. 35 Frauen sind unter den 143 Abgeordneten.
Nach Fraktionen
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 22 Frauen = 46,8 % (Kandidiert hatten 32 Frauen = 45,7 %)
CDU: 7 Frauen = 16,7 % (Kandidiert hatten 15 Frauen = 21,4 %)
AfD: 3 Frauen = 13,0 % (Kandidiert hatten 7 Frauen = 10 %)
SPD: 2 Frauen = 10,5 % (Kandidiert hatten 18 Frauen = 25,7 %)
FDP: 1 Frau = 8,3 % (Kandidiert hatten 15 Frauen = 21,4 %)
Wahlergebnisse: auf der Seite des Statistischen Landesamtes
Der Landtag von Baden-Württemberg hatte bislang nur 3 Legislaturperioden mit über 20 % Frauenanteil 2001-2005: 21,9 %, 2006 -2011: 23,7 %, 2016-2021: 24,5 %. Baden-Württemberg hält hartnäckig die Schlusslichtposition der Bundesländer.
Die Landtagswahlrechtsreform mit dem Ziel, bei den Landtagswahlen einen deutlich höheren Frauenanteil unter den gewählten Abgeordneten sicher zu stellen, ist ein Anliegen des Landesfrauenrats – seit seiner Gründung … (Statistiken finden Sie auf der Seite der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg hier)
Die seit Ende der 80-er Jahre erarbeiteten Kernforderungen zur Reform des Landtagswahlrechts lauten:
– Verbindung von Mehrheitswahl und Listenwahl, zum Beispiel 70 Mandate direkt, 50 über im Reißverschlussverfahren quotierte Listen, etwa Regionallisten mit der Möglichkeit zum Kumulieren und Panaschieren.
Zu einer echten Reform wollte sich auch die letzte Regierungskoalition nicht durchringen. Trotz anderslautender Ankündigungen und Parteitagsbeschlüsse wurde das Landtagswahlrecht nicht um eine – mit Frauen und Männern paritätisch zu besetzende – Liste ergänzt. Mit unserer TRANSPARENZKAMPAGNE Frauensicht Baden-Württemberg nahmen wir die Parteien und die Kandierenden zur Landtagswahl 2016 unter kritische Beobachtung.
Und wir lassen auch in Zukunft nicht locker. Wir erwarten, dass zur Landtagswahl 2021 bereits ein reformiertes Landtagswahlrecht – ein Paritätsgesetz – Anwendung finden wird!
Auszüge aus den Archiven des Landesfrauenrats:
1971: Appell des Landesfrauenrats an die Parteien, mehr Frauen zu nominieren.
1977: Beim Delegiertentag des Landesfrauenrats im April 1977 wird vorgeschlagen, dass der Landesfrauenrat Vorschläge für eine „Landesliste für Landeswahlen“ machen soll. Eine Kommission des LFR soll diese entsprechend konkretisieren.
1977: Appell des Landesfrauenrats an die Parteien, mehr Frauen in aussichtsreichen Wahlkreisen zu nominieren.
1979: Appell des Landesfrauenrats an die Parteien, mehr Frauen in aussichtsreichen Wahlkreisen zu nominieren.
– Appelle bringen keine Veränderung –
1987: Ministerpräsident Lothar Späth fordert den Landesfrauenrat bei einer Veranstaltung des LFR zu „Mehr Frauen in den Landtag“ auf, Vorschläge für eine Änderung des Wahlgesetzes zu erarbeiten, die sicherstellen sollen, dass in Zukunft mehr Frauen dem Landtag Baden-Württemberg angehören werden.
1988/89: Der Landesfrauenrat erarbeitet vier konkrete Vorschläge zur Reform des Landtagswahlrechts.
1989: Die SPD-Landtagsfraktion fragt die Landesregierung, was sie davon hält und welche Maßnahmen sie ihrerseits vorschlägt um den Frauenanteil im Landtag zu erhöhen (LT-Drucksache 10/891). Gesetzentwurf der Grünen (LT-Drucksache 10/2376).
1990: Die SPD-Landtagsfraktion kommt nach Prüfung der LFR-Vorschläge zum Ergebnis, dass dafür jeweils eine Änderung der Landesverfassung erforderlich wäre und legt einen eigenen Novellierungsvorschlag auf Basis der Landesverfassung vor (LT Ds 10/3973), begründet mit dem Ziel, die Unterrepräsentanz der Frauen im Landtag zu beseitigen. Inhalte: Neben 120 Direktmandaten mit für Parteien verpflichtendem Geschlechterquorum von mindestens 25 % „Kleine Landesliste“ mit quotierten 30 Plätzen
1992: Der Landesfrauenrat fordert den Landtag auf, das Landeswahlgesetz dergestalt zu ändern, dass mittels einer Landesliste die Möglichkeit zur Quotierung geschaffen wird. De Änderung hat so rasch zu erfolgen, dass sie bereits zur Landtagswahl 1996 wirksam wird.
1992: Die FDP spricht sich für eine Ergänzung um eine kleine Landesliste aus (so gen. „Landesergänzungsliste“).
1993: Der Landesfrauenrat fordert die CDU- und die SPD-Landtagsfraktion auf, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Landtagswahlrechts vorzulegen, der der Zielsetzung, den Anteil der weiblichen Abgeordneten deutlich zu erhöhen, gerecht wird. Verbindung von Mehrheitswahl und Listenwahl (-70 Mandate über Direktwahl, -50 Mandate über Landes- oder Regionalliste.)
1993: Antrag der SPD – u.a. zur kleinen Landesliste und den Vorschlägen des LFR – (LT Ds 11/2250). Gesetzentwurf der GRÜNEN (LT Ds 11/2307) Inhalt: 50 Abgeordnete über Direktmandate, 50 Abgeordnete nach 50/50 zu quotierenden regionalen Wahlvorschlägen.
1994: Überparteiliche Frauenaktion im Landtag für „Mehr Demokratie, mehr Frauen in den Landtag, für ein neues Landtagswahlrecht!“
Der Landesfrauenrat überreicht dem Landtag die „Rote Laterne“ als Zeichen der Schlußlichtposition beim Frauenanteil im Landtag.
1996: Der Landesfrauenrat fordert den Landtag erneut auf, das Landtagswahlgesetz dahingehend zu reformieren, dass Regionallisten mit der Möglichkeit zum Kumulieren und Panaschieren eingeführt werden mit dem Ziel, den Frauenanteil im Landtag von Baden-Württemberg erheblich zu steigern.
USW USW.
2010: Der Landesfrauenrat fordert die Landesregierung und den Landtag von Baden-Württemberg auf, die Parität von Frauen und Männern im Landtag von Baden-Württemberg durch gesetzliche Quotierung sicher zu stellen und das Landtagswahlgesetz dahingehend zu ändern.
2013: Einstimmige Resolution der Delegiertenversammlung des Landesfrauenrats: „Reform des Landtagswahlrechts. Endlich die politische Partizipation von Frauen im Landtag sicherstellen. Bürger/innenrechte und Frauenrechte gehören zusammen!“
2014: Runder Tisch Frauenpolitik des Landesfrauenrats zur Reform des Landtagswahlrechts sucht konkrete Wege, doch noch eine Reform des Landtagswahlrechts auf den Weg zu bringen …. Lesen Sie mehr in der Publikation des LFR zum Internationalen Frauentag 2014