PRESSEMITTEILUNG

Kein Aufschrei bei Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Seit 7 Jahren ist die Istanbul Konvention in Deutschland in Kraft

Alle drei Minuten erlebt eine Frau oder ein Mädchen in Deutschland häusliche Gewalt. Jeden zweiten Tag wird eine Frau durch ihren aktuellen oder ehemaligen Partner getötet, die Zahl dieser Femizide erhöht sich Jahr um Jahr. Dabei geben die statistischen Daten noch nicht das große Dunkelfeld wieder, sondern nur die angezeigten Gewaltstraftaten. Seit dem 01.02.2018 und nunmehr sieben Jahren ist die sogenannte Istanbul-Konvention, das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, in Deutschland in Kraft. Darin sind verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt enthalten, aber an der Umsetzung hapert es weiterhin auch nach sieben Jahren. Erhebliche Umsetzungsdefizite in Deutschland hat das Expert:innengremium des Europarats GREVIO im Jahr 2022 ausführlich bestätigt.

„Weiterhin blenden wir in Deutschland die massive Gewalt im sozialen Nahraum aus. Auch sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen findet zu 96% im häuslichen Umfeld und sozialen Nahraum statt. Diese Gewalt ist keine Privatsache, aber ein gesellschaftlicher und politischer Aufschrei bleibt aus,“ kritisiert Verena Hahn, Zweite Vorsitzende des Landesfrauenrats Baden-Württemberg (LFR BW). Es würde zu wenig getan, insbesondere in der Prävention, um Frauen und Kindern ihr Recht auf ein gewaltfreies Leben zu ermöglichen. Dabei spare bereits aus rein finanzieller Sicht jede Investition in die Prävention ein Vielfaches an Kosten nach einer solchen Tat. Die häusliche Gewalt sei aufgrund des Opferschutzes medial schwerer darstellbar, aber kein Grund, nur die mehrheitlich männlichen Täter in den Mittelpunkt zu rücken. „Berichte von Gerichtsverfahren über Gewaltstraftaten gegen Frauen in den Medien vermitteln weiterhin den Eindruck von Einzeltaten, dabei ist eine Einordnung in das verheerende Gewaltumfeld in Deutschland jeweils dringend geboten,“ fordert Hahn deshalb.

Ziel der Istanbul-Konvention ist neben der Stärkung der Gleichstellung von Frauen und Männern daher insbesondere auch, die strukturellen Missstände in den jeweiligen Ländern in den Fokus zu nehmen. Folglich enthält die Istanbul-Konvention umfassende Verpflichtungen gemäß ihren vier Säulen zur Prävention, zum Opferschutz, zur Strafverfolgung und zu den Maßnahmen der Koordination und Überwachung.