15.03-2024 Der lFR BW nimmt zum Gesetzentwurf wie folgt Stellung:
Wir begrüßen die Initiative der Landesregierung nachdrücklich, den Diskriminierungsschutz auf das staatliche Handeln in Baden-Württemberg auszudehnen. Dieser Schritt ist dringend geboten.
Wir würden jedoch folgende Änderungen des Entwurfs dringend anraten:
1. § 4 Abs. 1 Nr. 14, Elternschaft: Breitere Definition notwendig.
Diese Kategorie sollte entweder um eine allgemeinere Kategorie ergänzt oder ersetzt werden. „Familiäre Fürsorgeverantwortung“ wäre eine Kategorie, der neben Elternschaft auch die Pflegesituationen erfasst. Denn gerade auch die besonderen Belastungen einer Pflegesituation in der Familie sollte der vorliegende Entwurf mit abdecken.
2. § 4 Abs. 1: Es sollte vor der Liste der Kategorien ein „insbesondere“ eingefügt werden.
Der Katalog der Diskriminierungskategorien sollte offen gestaltet sein, um gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Da es in dem Gesetz um ein Vorgehen gegen Diskriminierungen im Allgemeinen geht und nicht nur um bestimmte Kategorien der Diskriminierung, ist nicht nachvollziehbar, warum die Definition der Diskriminierungen durch eine abschließende Liste eingeschränkt wird. Wie die zuvor angeregte Ergänzung „Familiäre Fürsorgeverantwortung“ zeigt, wären sonst andere Fälle der Diskriminierung nicht erfasst und könnten von vornherein nicht verfolgt werden. Dafür gibt es aber keine stichhaltigen Gründe, wenn es um einen umfassenden Diskriminierungsschutz geht.
3. § 6 Abs. 3: Die Frist sollte auf 12 Monate ausgedehnt werden.
Es ist Opfern von Diskriminierungen nicht zuzumuten, sich bei der Geltendmachung ihrer Rechte trotz ihrer sehr individuellen Belastung beeilen zu müssen. Im Gegenteil leiden Opfer von Diskriminierungen meist unter Scham- und Schuldgefühlen und haben Angst vor finanziellen oder nachteiligen Auswirkungen. Gerade diesen Opfern muss die Möglichkeit gegeben werden, sich der Situation bewusst zu werden und Beratung einzuholen, bevor sie ihre Rechte geltend machen können. Dazu muss eine angemessene Frist eingeräumt werden, 6 Monate sind dafür zu kurz, Verjährungsfristen liegen üblicherweise bei mehreren Jahren.
4. Verbandsklagerecht und Prozessstandschaft:
Aufgrund der belastenden und schambehafteten Auswirkungen von Diskriminierungen für die Einzelnen sollte ein kollektiver Rechtsschutz und eine Prozessstandschaft für Antidiskriminierungsverbände ermöglicht werden. Opferschutz umfasst auch die Anerkennung der sozialen Tabuisierung und Stigmatisierung der Diskriminierung. Leider führen Tabus, Scham und Schuldgefühle aber dazu, dass Opfer keine oder kaum Anzeigen erstatten. Sie müssen daher durch die vorgeschlagenen Wege entlastet werden können. Opferschutz bedarf aktiver Unterstützung, sonst ist es kein Schutz.
Wir freuen uns, wenn unsere Empfehlungen Berücksichtigung finden würden. Für etwaige Rückfragen oder auch Gespräche stehen wir gerne zur Verfügung.